Die spanische Tochter Seat war lange ein Sorgenkind im Volkswagen-Konzern. Das hat sich inzwischen geändert: Im vergangenen Jahr erzielte die Seat-Gruppe einen Rekordbetriebsgewinn von 633 Millionen Euro. Großen Anteil daran hatte die Verselbständigung der sportlichen Submarke Cupra vor sieben Jahren. Mit insgesamt sieben Modellen – zwei vollelektrischen Baureihen sowie vier, die zumindest teilelektrisch bewegt werden können – hat die sogenannte „Challenger Brand eine starke Peformance hingelegt und zahlreiche Neukunden gewonnen. Nicht nur in Deutschland und Europa, sondern auch in der Türkei und Mexiko. Wayne Griffiths, der CEO der Seat-Gruppe und Neuerfinder der Marke (der kürzlich überraschend aus dem Unternehmen ausschied), hatte deshalb sogar einen Markteintritt in den USA ins Auge gefasst. Aufgrund der Zollpolitik der US-Regierung dürfte der Plan nun obsolet sein. Für Alexander Buk, den Geschäftsführer der Seat/Cupra Deutschland GmbH in Weiterstadt, ist das allerdings kein Grund, zurückzustecken. Im Gegenteil, erzählt er uns im Interview.

Herr Buk, die SEAT Gruppe hat im vergangenen Jahr mit einem weltweiten Absatz von 558.100 Fahrzeugen Rekorde bei Umsatz und Gewinn eingefahren. Wie groß war der Anteil von Seat Deutschland daran?

Wir haben im vergangenen Jahr über 150.000 Autos neu zugelassen, davon waren mehr als die Hälfte Fahrzeuge von CUPRA und insgesamt knapp 15 Prozent mehr als im Jahr davor. Mit einem Marktanteil von 5,4 Prozent erreichten wir die Position sechs in Deutschland. Es war alles in allem ein sehr erfolgreiches Jahr für uns. Was uns besonders gefreut hat: Wir konnten nach einer Absatzdelle in 2023 SEAT reaktivieren.

Manche Marktbeobachter hatten die Marke ja fast schon abgeschrieben.

Wir nicht. SEAT ist für uns weiterhin eine tragende Säule, mit der wir über die Einstiegsmodelle Ibiza und Arona neue und vor allem junge Kunden gewinnen können. Die Marke steht keineswegs auf einem Abstellgleis, ganz im Gegenteil. CUPRA ist stark, weil Seat gut ist. Beide Marken ergänzen sich sehr gut.

Alexander Buk
Der 54-jährige Wirtschaftsingenieur steht seit 1. Oktober 2024 an der Spitze der deutschen Vertriebsorganisation von Seat und Cupra. Seine Karriere in der Autoindustrie begann er im Produktmarketing von Audi. Später verantwortete er die Geschäfte von Audi in Süd- und Osteuropa und war er Verkaufsleiter bei Audi Deutschland. Foto: Seat
Alexander Buk
Der 54-jährige Wirtschaftsingenieur steht seit 1. Oktober 2024 an der Spitze der deutschen Vertriebsorganisation von Seat und Cupra. Seine Karriere in der Autoindustrie begann er im Produktmarketing von Audi. Später verantwortete er die Geschäfte von Audi in Süd- und Osteuropa und war er Verkaufsleiter bei Audi Deutschland. Foto: Seat

Die Marke Seat wird in diesem Jahr 75 Jahre alt, Cupra hingegen ist gerademal sieben Jahre alt – und hat in der kurzen Zeit schon viele Fans auch in Deutschland gefunden. Wie erklärt sich das Phänomen?

Die Entwicklung ist tatsächlich phänomenal. Im November vergangenen Jahres haben wir nur in Deutschland bereits 250.000 CUPRA seit der Gründung der Marke 2018 verkauft. Wir haben offenbar den Puls der Zeit erwischt. Und wir hatten ein perfektes Umfeld im Handel – wir mussten das Vertriebs- und Servicenetz nicht erst aufbauen. Wir konnten direkt durchstarten. Durch ein sehr polarisierendes Marketing haben wir auch schnell die Markenbekanntheit aufbauen können. Und wir konnten bei der Entwicklung der sieben Modelle, die wir inzwischen anbieten, aus einem Konzernbaukasten schöpfen. Und zu guter Letzt sind es die fantastischen Menschen, die CUPRA zu diesem Erfolg gemacht haben. Wir sagen immer „People make the brand“! Da ist einiges zusammengekommen.

Wie elektroaffin ist die Klientel der Marke? Bestverkauftes Modell ist nach wie vor der SUV Formentor, von dem nur ein kleiner Anteil mit einem teilelektrischen Antrieb geordert wird.

Vom CUPRA Born haben wir vergangenes Jahr durchaus respektable 16.000 Einheiten verkauft. Allerdings sind die Rahmenbedingungen für Elektroautos in Deutschland noch nicht optimal. Der Kunde ist nach wie vor verunsichert. Wir brauchen eine stabile Förderung der Elektromobilität – zum Beispiel in Form von steuerlichen Vorteilen für alle sowie günstigere Strompreise. Das würde die Menschen stärker zum Umstieg motivieren. Der Auftragsbestand für den CUPRA Born als auch für den CUPRA Tavascan – unser zweites Elektroauto – sieht trotz der schwierigen Rahmenbedingungen aktuell gut aus. Ich bin deshalb verhalten optimistisch für dieses Jahr, was unsere Elektroautos betrifft.

Was wäre aus Ihrer Sicht der beste Stellhebel, um die Nachfrage nach Elektroautos in Deutschland deutlich zu steigern? Die Ladeinfrastruktur ist ja eigentlich schon ganz gut bei uns.

Entlang der Autobahn ja, auf dem Land und in den Städten nicht. Ansonsten: Die Verlässlichkeit der Förderkulisse ist das Allerwichtigste, wenn wir die Elektromobilität voranbringen wollen. Der Käufer eines Elektroautos muss sich darauf verlassen können, dass die gleichen Bedingungen über mehrere Jahre gelten…

..und nicht wie der Umweltbonus über Nacht wieder außer Kraft gesetzt werden.

Ja, das hat zu erheblicher Verunsicherung bei den Kunden geführt. Und es braucht Steuererleichterungen, nicht nur für gewerbliche Nutzer, sondern auch für Privatkunden. Vor allem aber benötigt es günstige Strompreise, um Elektroautos wirtschaftlich noch attraktiver zu machen. Bereits heute ist es im Unterhalt in einigen Szenarien günstiger als ein Verbrenner, aber es gibt teilweise auch recht hochpreisige Angebote beim öffentlichen Laden, so dass man sich als Kunde vorab damit beschäftigen muss. Da würde ich mir eine deutliche Optimierung wünschen, die es einfacher macht. Das Fahren eines Elektroautos sollte nicht teurer sein als der Betrieb eines Verbrenners. Preisparität ist da das Stichwort.

Elektrische Sportskanone
Mit einer Spitzenleistung von 240 kW ist der Cupra Born VZ die stärkste Variante der Baureihe. Mit einer Beschleunigung in 5,6 Sekunden auf Tempo 100 und einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h weiß er sich auch auf der Autobahn zu behaupten.

Die Autohersteller haben es allerdings auch selbst in der Hand, Preisparität beim Fahrzeug herzustellen.

Richtig, daran arbeiten wir mit aktuellen Modellen wie dem Born, dem Tavascan und mit der Einführung des Raval.

Der neue Tavascan wird aktuell zu sehr günstigen Leasingraten angeboten. Ist das Teil der Strategie oder eher Ausdruck einer geringen Nachfrage nach dem Modell?

Die offizielle Leasingrate liegt beim CUPRA Tavascan aktuell bei 359 Euro. Der Handel hat zudem einen gewissen Spielraum, so dass manche Angebote noch darunter liegen können. Bei einem Fahrzeug mit einem Preis von rund 50.000 Euro ist das ein Leasingfaktor von 0,7. Damit sind wir schon auf einem ähnlichen Level wie bei den Verbrennern, da haben wir fast schon Parität. Denn die meisten Autos werden inzwischen geleast, nicht mehr gekauft.

Die Nachfrage nach Plug-in-Hybriden ist in Deutschland zuletzt stark gestiegen. Drückt sich darin auch die Unsicherheit über den weiteren Weg aus?

Als Brückentechnologie hin zur reinen E-Mobilität haben Fahrzeuge mit Plug-In Hybrid (PHEVs) eine wichtige Funktion. PHEVs tragen, werden sie vorwiegend elektrisch genutzt, aktiv und direkt zum Klimaschutz bei. Die Fahrzeuge der kürzlich eingeführten zweiten Generation fahren bis zu 130 Kilometer elektrisch und laden mit 50 kW. Zudem sind die Serviceintervalle auf Verbrenner-Niveau. Darüber hinaus gibt es für Gewerbe- und Flottenkunden noch den Steuervorteil. Es sind keine Verzichtsautos, sondern eine Annäherung an das vollelektrische Fahren. Ich fahre selbst ab und an mal wieder einen Plug-in-Hybrid, den ich zu Hause mit Strom aus meiner Solaranlage lade. Der ist für Kurz- und Mittelstrecken perfekt. Und auf der Langstrecke sinkt der Benzinverbrauch auf unter 5 Liter – und das bei einer Leistung von 272 PS. Die heutige Plug-in-Technologie ist extrem stark und verbrauchsgünstig.

Und ein gutes Mittel, um die Menschen an das vollelektrische Fahren heranzuführen?

Genau – ich sehe unsere zweite Generation der Plug-in-Hybrid-Modelle als perfekte Übergangstechnologie zur reinen Elektromobilität.

Darum noch mal zurück zum Tavascan. Das Modell wird in China produziert. Wie groß ist das Handicap der Strafzölle, die von der EU inzwischen erhoben werden?

Die Entscheidung wird sowohl für das Unternehmen als auch für die gesamte europäische Automobilindustrie erhebliche negative Folgen haben. Als europäisches Unternehmen, das sich in der Region stark engagiert, lehnen wir deshalb diese schwer nachvollziehbare Entscheidung entschieden ab – insbesondere im Vergleich zu den günstigeren Zöllen für außereuropäische Wettbewerber. Wir appellieren an die EU-Kommission und die chinesische Regierung, die laufenden Verhandlungen für eine politische Lösung konstruktiv fortzusetzen. Das gemeinsame Ziel muss sein, Ausgleichszölle und damit einen Handelskonflikt zu verhindern. Wir glauben, dass eine Verhandlungslösung, die Ausgleichszölle auf BEV-Importe aus China vermeidet, immer noch möglich ist, wie die Europäische Kommission ausdrücklich einräumt.

Eine Verlagerung der Produktion nach Europa ist nicht machbar?

Eine Produktionsverlagerung steht nicht an. Sie ist zudem nicht von heute auf morgen umsetzbar.

Der neue vollelektrische Cupra Raval kommt dafür aus Spanien. Wann kommt das Modell denn nun in den Handel?

Die Markteinführung wird 2026 erfolgen.

Cupra Raval 
Auf der IAA in München präsentiert Cupra im Herbst die Serienversion des vollelektrischen Kleinwagen, der ab Frühjahr 2026 zu einem Einstiegspreis um die 25.000 Euro in den Handel kommt. Gebaut wird das Schwestermodell des VW ID.3 bei Seat in Martorell.
Cupra Raval
Auf der IAA in München präsentiert Cupra im Herbst die Serienversion des vollelektrischen Kleinwagen, der ab Frühjahr 2026 zu einem Einstiegspreis um die 25.000 Euro in den Handel kommt. Gebaut wird das Schwestermodell des VW ID.3 bei Seat in Martorell.

Mit einem Einstiegspreis um die 25.000 Euro ist der Raval ja fast schon ein Volks-Cupra.

Das Modell wird uns helfen, die Reise in das Zeitalter der Elektromobilität mit einem großen Schritt fortzusetzen und zu demokratisieren. Im Vergleich zum Wettbewerb wird er noch einige andere Vorteile bieten. Damit werden wir uns nicht verstecken müssen. Wie Sie wissen, sehen wir uns Challenger-Brand.

Bedauern Sie, dass es keine Variante des VW ID.1 für Cupra oder Seat geben wird?

Unser strategischer Fokus liegt derzeit auf dem Raval und der „Electric Urban Car Family“, mit der wir die Elektromobilität von Spanien aus demokratisieren wollen. Immerhin werden die vier Fahrzeuge der Brand Group Core dort hergestellt. Wir prüfen zwar auch die Möglichkeiten der Marke SEAT im Bereich Elektromobilität, doch das muss zum richtigen Zeitpunkt geschehen.

Der VW ID.3 bekommt dieses Jahr noch ein Facelift. Ist auch für den Cupra Born noch eine Modellpflege vorgesehen?

Wir sind sehr glücklich mit dem Born, das Model erfreut sich ungebrochener Beliebtheit bei unseren Kundinnen und Kunden. Ein Update würde zu gegebener Zeit angekündigt werden.

Cupra Tavascan 
Der vollelektrische Crossover wird in China produziert und deshalb von der EU derzeit mit einem Strafzoll von 21 Prozent belegt. In Verhandlungen mit der EU versucht die VW-Tochter derzeit um eine Ausnahmeregelung für das Modell.
Cupra Tavascan
Der vollelektrische Crossover wird in China produziert und deshalb von der EU derzeit mit einem Strafzoll von 20 Prozent belegt. In Verhandlungen mit der EU versucht die VW-Tochter derzeit um eine Ausnahmeregelung für das Modell.

Was ist 2025 für Seat Deutschland die größte Herausforderung?

Das sind ganz klar die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Der Gesamtmarkt war in den ersten drei Monaten um fünf Prozent rückläufig. Und die Verunsicherung der Kunden beim Elektroauto ist weiter gegenwärtig. Ich würde mir Klarheit bei der Diskussion um die Zukunft des Verbrennungsmotors wünschen…

…ob das EU-Verbrennerverbot ab 2035 Bestand hat.

Ansonsten wollen wir den Wachstumskurs bei SEAT und CUPRA fortsetzen. Wir sind in der Champions League angekommen und müssen unsere Position dort verteidigen. Das ist eine echte Challenge. Aber wir haben ein extrem gut aufgestelltes Produktportfolio, sowohl bei SEAT als auch bei CUPRA, mit ausgewogenen Antriebsvarianten von Verbrenner über Plug-In-Hybride und der vollelektrischen Varianten CUPRA Born und CUPRA Tavascan. Deshalb sind wir auch zuversichtlich, die aktuell herausfordernde Situation gut bewältigen zu können. Wir sind selbstbewusst, aber nicht arrogant und bleiben auf dem Boden.

Seat hat seiner Belegschaft einen kulturellen Wandel verordnet, seine Führungskräfte zur Nutzung von Elektroautos verpflichtet. Für den Plug-in-Hybrid haben Sie eine Ausnahmegenehmigung bekommen?

Nein, unsere Policy umfasst alle elektrifizierten Fahrzeuge. Unsere Dienstwagen-Berechtigten fahren seit letztem Jahr primär einen CUPRA Tavascan. Zusätzlich haben wir den einen oder anderen Plug-in Hybrid freigegeben.

Und die ganz persönliche Erfahrung damit und der Elektromobilität auf der Langstrecke?

Ich war, ich bin da ganz ehrlich, anfangs ein Skeptiker. Aber heute fahre ich sehr gerne elektrisch. Ich komme mit dem Tavascan locker vom Bodensee bis nach Weiterstadt, habe bei der Ankunft meist noch eine Restreichweite von über 100 Kilometer aufgrund eines durchschnittlichen Verbrauchs um die 19 kWh/100 km. Ich fahre gemütlicher und entspannter bei Geschwindigkeiten um die 120 km/h. Ich bin begeistert von der Elektromobilität.

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1 Kommentar

  1. Andreas Stübner

    Von Seat Deutschland wird seit Jahren die gleiche Story erzählt. Marktanteil von 5%, Challenger Brand, People make the Brand … Elemex in the House! Wann ändert sich das einmal?

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