Volvo mischt den Markt für E-Fahrzeuge künftig von unten auf. Während alle Welt noch auf die Handelspremiere des neuen Flaggschiffs EX90 wartet, überraschen die Schweden jetzt erst einmal mit einem SUV am anderen Ende des Modellportfolios und schicken den EX30 in den Dschungel der Großstadt. Mit 4,23 Metern Länge und 2,65 Metern Radstand ist der Volvo EX30 das kleinste SUV in der Firmengeschichte. Und mit einem CO2-Rucksack von 30 Tonnen (über einen Lifecycle von 15 Jahren bei einer Gesamtlaufleistung von 200.000 Kilometern) zudem das mit Abstand klimafreundlichste Fahrzeug in der Modellpalette von Volvo. Zum Vergleich: Der XC40 hat das Handicap eines CO2-Rucksacks, der aktuell noch rund 37 Tonnen wiegt.

Bestellt werden kann das neue Öko-Modell mit Batterieantrieb ab sofort zu Preisen von 36.590 Euro aufwärts. Im kommenden Frühjahr wird er kann gegen Modelle wie den Mercedes EQA und den Renault Megané E-Tech, aber auch gegen den nächsten Mini Cooper Countryman SE oder den Jeep Avenger ins Rennen gehen.

Geformt im Windkanal
Die Karosserie des kompakten City-SUV hat einen cW-Wert von 0,28. Das soll für einen vergleichsweise niedrigen Stromverbrauch sorgen. Die exakten Werte fehlen allerdings noch - der Homologationsprozess ist noch nicht abgeschlossen.
Geformt im Windkanal
Die Karosserie des kompakten City-SUV hat einen cW-Wert von 0,28. Das soll für einen vergleichsweise niedrigen Stromverbrauch sorgen. Die exakten Werte fehlen allerdings noch – der Homologationsprozess ist noch nicht abgeschlossen.

Der EX30 mag zwar der neue Benjamin in der Modellpalette sein, räumt Firmenchef Jim Rowan ein. „Aber er trotz seines kleinen Formats ist er ein Riese, weil er alles mitbringt, was man von einem Volvo erwartet.“ So werde der EX30 zu einer großen Nummer für die Kunden und für das Unternehmen – und hat ganz sicher zumindest in Europa das Zeug zum meistverkauften Modell der Marke. 

CO2-Fußabdruck von unter 30 Tonnen

Schließlich dreht Volvo damit auch Premium-Konkurrenten wie Audi eine lange Nase, die ein so kleines Auto bislang nicht zu solch vergleichsweise kleinen Preisen stemmen können. Ein Audi Q2 e-tron ist nicht vor 2026 zu erwarten. Dass Volvo das jetzt schon gelingt, liegt einmal mehr an der chinesischen Mutter Geely. Sie stellt die Plattform, auf der übrigens auch der neue Smart #1 steht und die bald auch noch der Kleinwagen Zeekr X nutzen wird. Geely garantiert daheim in China auch die günstigen Produktionsbedingungen – und den Einsatz einer großen Menge Windstrom bei der Montage des Volvo-Modells in den Werken Chengdu, Daqing und Taizhou. Anders Kärrberg, der globale Leiter für Nachhaltigkeit bei Volvo Cars, hat darauf gedrungen. Und auch gleich die Zulieferer an Bord geholt: Diese mussten sich verpflichten, ihre Komponenten spätestens bis 2025 zu 100 Prozent klimaneutral zu fertigen.

Ready to rumble 
Der EX30 glänzt mit Sportwagen-ähnlichen Beschleunigungswerten. Der Allradler kann bis zu 1600 Kilo an den Haken nehmen.
Ready to rumble
Der EX30 glänzt mit Sportwagen-ähnlichen Beschleunigungswerten. Der Allradler kann bis zu 1600 Kilo an den Haken nehmen.

Auch das Materialkonzept ist ganz auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Je nachdem, für welche der vier Themenwelten sich die Kundschaft entscheidet, bekommt sie Dekore aus geflochtenem Flachs der Leinsamenpflanze, Bezugsstoffe aus alten Jeans, Konsolen aus recycelten Rollläden, Teppiche aus PET-Flaschen und Polsterstoffe aus biologisch angebautem Kiefernöl. Unter dem Strich bestehen 17 Prozent aller Kunststoffe im und am Fahrzeug aus Recyclingmaterial.

Die 25 Prozent recyceltes Aluminium (CO2-Ersparnis: 2,5 Tonnen) und die 17 Prozent wiederverwendeter Stahl in der Karosse sind da noch gar nicht mitgerechnet. Unter dem Strich schrumpfte der Klima-Rücksack des kleinen Stromers auf diese Weise Stück für Stück auf unter 30 Tonnen. Ein komplett klimaneutrales Auto zu bauen, räumt Kärrberg im Gespräch mit EDISON ein, sei heute noch praktisch unmöglich. Schon allein, weil die Batterieproduktion sehr viel Energie verschlingt und praktisch keine Sekundärrohstoffe zur Verfügung stehen. „Wir werden da wohl nicht um Kompensationszahlungen herumkommen.“

Topversion mit 315 kW Leistung

Smart ist der EX30 aber nicht nur wegen seines vorbildlich kleinen CO2-Fußabdrucks, sondern auch wegen seiner vieler cleveren Ideen. Das beginnen beim Sicherheitskonzept mit neuen Assistenten, die so genannte Dooring-Unfälle mit Radfahrern verhindern wollen oder beim Überholen von Lastwagen für mehr Sicherheitsabstand sorgen. Sie führen über die Connectivity mit digitalem Schlüssel auf dem Smartphone, 5G-Anbindung und eigenem Google-Betriebssystem oder über das Innenraumkonzept mit einem zentralen Handschuhfach, einer besonders geräumigen und variablen Mittelkonsole oder einer platzsparenden Soundbar im Armaturenbrett anstelle der Lautsprecher in den Türen.

Tesla lässt grüßen 
Alle Fahrinformationen werden im Volvo EX30 über einen 12,3 Zoll großen Touchscreen über der Mittelkonsole abgerufen. Leder sucht man im Innenraum vergeblich: Alle Bezüge bestehen entweder aus pflanzlichen oder recycelten Materialien.
Tesla lässt grüßen
Alle Fahrinformationen werden im Volvo EX30 über einen 12,3 Zoll großen Touchscreen über der Mittelkonsole abgerufen. Leder sucht man im Innenraum vergeblich: Alle Bezüge bestehen entweder aus pflanzlichen oder recycelten Materialien.

Zwar ist der EX30 für schwedische Verhältnisse größentechnisch ein Winzling: Der nächstgrößere XC40 Recharge ist mit 4,43 Metern 20 Zentimeter länger, der neue EX90 aus USA mit 5,04 Metern schon ein echter Trumm. Doch der Kleine hat durchaus das Zeug zum elektrischen Wirbelwind.

Die Topversion verfügt über zwei Motoren mit zusammen 315 kW (428 PS) Leistung und 543 Nm Drehmoment. Das reicht für 180 km/h Spitze und macht den EX30 mit einer Beschleunigung in 3,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h zum bislang schnellsten Sprinter in der Volvo-Historie. Und damit dem Wagen mit einem cW-Wert von 0,28 nicht so schnell die Puste ausgeht, installieren die Schweden eine Lithium-Ionen-Batterie (NMC) mit brutto 69 kWh Speicherkapazität, die bei zurückhaltender Fahrweise für bis zu 460 Kilometer reicht. Anschließend kann der Akku am Schnelllader mit einer Ladeleistung von bis zu 153 kW wieder aufgeladen werden

Einstiegsmodell mit LFP-Akku

Alternativ gibt es den EX30 auch nur mit 200 kW (272 PS) und 343 Nm Drehmoment an der Hinterachse, was den Wagen in der Version „Single Motor Extended Range“ etwas leichter macht und die Reichweite geringfügig auf 480 Kilometer erhöht. Und wer eher aufs Geld schaut als auf den Aktionsradius, für den baut Volvo für die genannten 36.590 Euro auch ein Einstiegsmodell mit einer 51 kWh großen Lithium-Eisenphosphat (LFP)-Batterie, mit der die Reichweite auf dann nur noch 344 Kilometer schrumpft. Geladen wird das Einstiegsmodell mit bis zu 134 kW, so dass ein Füllgrad von 80 Prozent in beiden Fällen in nur 25 Minuten zu schaffen sind.  

Auch wenn Volvo den EX30 als smartes SUV feiert und kaum die bliche Kritik an der Fahrzeuggattung fürchten muss, tragen die Schweden der Abenteuerlust der SUV-Fahrer Rechnung: Im nächsten Jahr kommt der EX30 deshalb auch im rustikalen Look eines Cross Country. Gegen Aufpreis versteht sich.

(Mit Ergänzungen von Franz W. Rother)

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