Vor den Toren Berlins treffen wir heute Dr. Kai Schütz am heimischen Carport. Als Managing Director des Geschäftsbereichs „Smarter Living“ beim Energieversorger Vattenfall treibt er fossilfreie Lösungen voran, auch insbesondere im Bereich Elektromobilität. Deshalb sind wir gespannt, wie er in der Praxis das Laden seines Renault Zoe an der Wallbox Zuhause managed. Und lassen uns natürlich auch nicht die Gelegenheit entgehen, dem zweifachen Familienvater kritische Nachfragen zum Thema „Wie grün ist eigentlich Ihr Strom?“ zu stellen…

Herr Schütz, seit wann fahren Sie schon Elektroauto? Aus Überzeugung oder qua Amt?

Ich bin ein absoluter Elektro-Auto-Fan. Wer das einmal gefahren ist, kommt davon nicht mehr los. Wir haben die Renault Zoe seit 1,5 Jahren und teilen ihn uns mit einer befreundeten Familie hier draußen vor den Toren Berlins.

Warum gerade dieses Modell?

Die Zoe hat ein super Preis-Leistungs-Verhältnis und die Reichweite mit mehr als 300 Kilometer ist absolut ausreichend für unsere täglichen Fahrten. Und die Lieferfristen waren für uns auch ein Thema: Als wir damals bestellen wollten, musste man beispielsweise auf den VW E-Up! monatelang warten.

Dem Verbrenner haben Sie abgeschworen?

Noch nicht ganz: Wir haben als Zweitauto noch einen Volvo Plug-in-Hybrid. Aber wenn man tatsächlich vollelektrisch fährt, dann ist das im Vergleich nichts mehr mit so einem Hybrid. Erstens zu laut und zweitens denke ich da tatsächlich noch immer an das Aufladen, da die elektrische Reichweite begrenzt ist – beim vollelektrischen Zoe mache ich mir darüber gar keine Gedanken mehr. Also für uns ist das keine Frage mehr: Vollelektrisch ist unser Favorit. Allein die Beschleunigung: Das fetzt schon!

Wo laden Sie die Zoe – überwiegend oder ausschließlich daheim an der Wallbox?

Wir laden sie ausschließlich hier Zuhause an der Wallbox. Das ist schon echt Luxus: Tanken Zuhause. Ich denke, am Ende des Tages wird jedes Ein- bzw Zweifamilienhaus eine Wallbox haben. Längere Fahrten machen wir damit eher selten. Deshalb musste ich den Wagen bislang auch nur einmal unterwegs laden auf einem Trip an die Ostsee…

„Wer das einmal gefahren ist, kommt davon nicht mehr los.“
Vattenfall-Manager Kai Schütz fährt seit fast zwei Jahren eine Renault Zoe. Das Elektroauto lädt er im Carport seines Hauses vor den Toren Berlins zum Teil mit selbst erzeugtem Sonnenstrom an einer Wallbox von Keba auf. Fotos: Marzena Skubatz

Den Luxus – Tanken daheim – hat aber nicht jeder Besitzer eines E-Mobils.

Richtig. Wir erwarten, dass künftig etwas mehr als ein Drittel des Autostroms an privaten Wallboxen geladen wird. Ein weiteres Drittel des Marktes wird auf öffentliche Ladestationen entfallen – und der Rest lädt sein Auto am Arbeitsplatz.

Der Strom an der privaten Wallbox ist vergleichsweise preiswert. Finden Sie die Preise, die an öffentlichen Ladesäulen aufgerufen werden, eigentlich fair?

Das eine ist der Preis an sich – das andere ist der Preisdschungel: Oft weiß man gar nicht, wieviel es kostet. Deshalb arbeiten wir bei Vattenfall mit festen Preisen: Für Kunden mit einem Stromvertrag bei uns kostet Wechselstrom bei uns 39, Gleichstrom 59 Cent. Immer und überall.

Bei anderen Anbietern kann die Kilowattstunde auch schon einmal fast ein Euro kosten.

So eine Schnellladestation ist eine große Investition, und die ist mit einem Strompreis von 59 Cent pro Kilowattstunde manchmal nur schwer kostendeckend zu betreiben. Deswegen rufen einige Anbieter deutlich höhere Preise auf. Das ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar, aber fördert die Elektromobilität nicht gerade: Wenn eine Akkuladung mehr kostet als eine Tankfüllung, wird die Energiewende auf der Straße nicht gelingen.

Also müssen die Strompreise runter und die Benzinpreise hoch?

Benzin wird ja jetzt schon aufgrund der CO2-Abgabe teurer. Und Strom wird über die Zeit sicherlich wieder günstiger werden. Das wird die Zeit regeln.

Die hohen Strompreise sind nicht das einzige Problem. Das andere Problem sind die Lücken in der  öffentlichen Ladeinfrastruktur. Die Bundesregierung hat deshalb kürzlich den Aufbau eines öffentlich geförderten Deutschland-Netzes gestartet. Wird sich Vattenfall an der Ausschreibung beteiligen?

Natürlich! Wir wollen künftig auch mit Ladeangeboten im öffentlichen Raum präsent sein. Wir betreiben bereits Ladesäulen an Supermärkten und treiben Kooperationen mit vielen Partnern wie beispielsweise Renault, der Telekom, mit dem Wallbox-Hersteller KEBA und vielen Stadtwerken voran. Wir haben zudem City-Mobilitäts-Kooperationen in Hamburg und Berlin laufen mit WeShare, Emmy, Swapfiets, Berlkönig in Berlin und MOIA in Hamburg. Glauben Sie mir: Wir haben da noch viel vor.

„Wenn eine Akkuladung mehr kostet als eine Tankfüllung, wird die Energiewende auf der Straße nicht gelingen.“

Der Strombedarf in Deutschland wächst, durch steigende Zahl von Elektroautos, auch die Umstellung des Heizungsmarkts auf Wärmepumpen. Wo kommt dann der ganze Strom her?

Vattenfall setzt klar auf den Ausbau von Windkraftanlagen und Solarenergie. Deshalb setzen wir da aktuell auch sehr große Hoffnungen in die neue Regierung, dass Hemmnisse für Offshore-Wind und Solar behoben werden.

Wie grün ist der Vattenfall-Strom eigentlich bereits? Hier in Berlin wird er noch mit Erdgas erzeugt.  

Zunächst mal vorweg: Unsere Ladeboxen verkaufen wir nur in Kombination mit einem Ökostrom-Tarif. Aber Sie haben recht, in Deutschland wird der Strom aktuell zu etwa 50 Prozent mit fossilen Energieträgern erzeugt. Schaut man auf die Zahlen von Vattenfall haben wir in 2020 in Summe ca 100 Terrawattstunden Strom an unsere Kunden verkauft und ungefähr genauso viel CO2-freien Strom in unseren eigenen Anlagen erzeugt. Rein rechnerisch würde sich das also decken. Aber natürlich kommt unser produzierter Strom nicht direkt bei jedem Kunden an, sondern landet über die Mechanismen der Energiewirtschaft im Gesamt-Strommix.

Und im Wärmebereich?

Die Wärmeinfrastruktur in Berlin bietet die Möglichkeit, Wärme aus verschiedenen nachhaltigen Quellen zu integrieren, beispielsweise Geothermie und Biomasse. Außerdem soll Abwärme verstärkt genutzt werden. Dennoch braucht es derzeit noch Erdgas als Brückentechnologie. Den Ausstieg aus der Braunkohle hat Vattenfall jedenfalls schon 2017 vollzogen. Der Ausstieg aus der Steinkohle ist für 2030 geplant. Und bis 2040 wollen wir klimaneutral werden.

Elektroauto-Fan Kai Schütz
Der 42-jährige promovierte Wirtschaftswissenschaftler steht seit September 2017 an der Spitze des Geschäftseinheit Smart Living, in der Vattenfall Photovoltaik-anlagen und Wallboxen für private Hausbesitzer anbietet. Für den Energieversorger ist der Vater von zwei Kindern seit bald 20 Jahren in verschiedenen Positionen tätig. Foto: Marzene Skubatz

Im vergangenen Jahr erzeugte Vattenfall 34,5 Prozent seines gesamten Stroms noch in seinen schwedischen Kernkraftwerken. War der deutsche Atomausstieg mit Blick auf Versorgungssicherheit und Klimawandel ein Fehler?

Jedes Land hat seine eigene Sicht auf die verschiedenen Energieträger und entscheidet selbst über seinen Erzeugungsmix. Im Vattenfall-Mutterland Schweden ist Kernenergie gesellschaftlich anders verankert als in Deutschland. Denn die tragen ebenso wie die Wasserkraftwerke dazu bei, die CO2-Emissionen bei der Energieerzeugung klein zu halten.  

Hierzulande aber geben Sie der Technik keine Chance mehr?

Wir fokussieren uns darauf, so schnell wie möglich Wind- und Sonnenenergie auszubauen. Nicht nur, weil der Strombedarf durch die wachsende Zahl von Elektroautos steigt. Sondern auch, weil die Produktion von Wasserstoff für die Stahl-, Chemie- und Zement-Industrie viel Strom benötigt. Ich setze große Hoffnungen in die neue Regierung, dass sie die Genehmigungsprozesse für Windräder und Photovoltaik-Anlagen deutlich beschleunigt.

Gutes Stichwort: Wasserstoff. Einige Autohersteller setzen ausschließlich auf batterieelektrische Antriebe. Vattenfall beteiligt sich aber auch an Projekten zur Produktion von grünem Wasserstoff. Das Rennen Batterie oder Brennstoffzelle ist für Vattenfall noch nicht entschieden?

Den Einsatz von Wasserstoff im privaten PKW-Verkehr sehen wir eher nicht. Automobilhersteller wie beispielsweise Volkswagen haben sich ja auch bereits auf die Batterie für PKW festgelegt. Das ist auch gut so, denn je länger man sich mehrere Optionen offenlässt, desto langsamer kommt der Fortschritt voran. Wir haben heute schon genug Herausforderungen beim Aufbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Der Aufbau einer vergleichbaren Infrastruktur für Wasserstoff würde die Probleme potenzieren. Aber Wasserstoff ist als Energieträger natürlich für andere Segmente interessant: Für schwere Lastwagen, für Schiffe und auch Flugzeuge. Zudem brauchen wir Wasserstoff, um industrielle Prozesse zu dekarbonisieren. Wussten sie, dass vor kurzem mit unserer Hilfe der weltweit erste CO2-freie Stahl hergestellt und an Volvo geliefert wurde?

„Im Vattenfall-Mutterland Schweden ist Kernenergie gesellschaftlich anders verankert als in Deutschland.“

Nein, das ist mir neu.

Wir haben dazu die Kooperation „HYBRIT“ mit einem schwedischen Stahlhersteller und einem Bergbauunternehmen geschlossen. Und kürzlich hat die BASF einen Anteil von 49 Prozent an einem unserer niederländischen Windparks erworben, um sich grünen Strom für die Chemie-Produktion zu sichern. Wasserstoff ist ein Riesenthema für die Industrie, während die Elektro-Mobilität und der Aufbau der Ladeinfrastruktur ja eher Endkunden-fokussiert sind.

Dann kommen wir dazu doch einmal zurück. Wir sprachen über Eigenheimbesitzer und Wallboxen in Garagen. Welche Lösungen bietet Vattenfall den Stadtbewohnern mit Miet- und Etagenwohnungen an?

Das ist in der Tat noch eine große Baustelle. Hier wird noch einiges passieren müssen, um Mietern oder auch den Eigentümern von Etagenwohnungen das Laden ihrer Elektroautos zu erleichtern. Da gilt es Lösungen für ein intelligentes Lade-Management aufzubauen, so dass beispielsweise in Tiefgaragen die Fahrzeuge nacheinander geladen werden – je nachdem, wer wann wieder losfahren möchte. Und die Stromversorgung und Verteilung ist noch nicht mal das größte Problem. Schwieriger ist es, in Bestandsbauten die Stromanschlüsse und Leitungen so herzurichten, dass sie die Montage von Wallboxen und die Ladeleistungen der Elektroautos verkraften. Da sind in vielen Fällen nicht nur umfangreichere Installationsarbeiten mit entsprechenden Investitionen erforderlich, sondern auch Genehmigungsprozesse. Das kostet viel Geld und auch Zeit. 

„Absolut ausreichend für unsere täglichen Fahrten“
Seit fast zwei Jahren ist der Vattenfall-Manager und Familienvater mit einer Renault Zoe problemlos rund um Berlin unterwegs.

30 Minuten sind über dem Gespräch mittlerweile ins Land gegangen. Der Akku der Zoe war zu Beginn zu 67 Prozent geladen – nun ist der Stromspeicher zu 81 Prozent gefüllt – etwa 40 Kilometer Reichweite hat Kai Schütz also in etwa gewonnen.

Sie haben eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach Ihres Hauses, produzieren also selbst Strom. Reicht der aus, um Haus und Elektroauto zu versorgen? Oder kaufen Sie dazu?

Die PV-Anlage hat eine Leistung von etwas unter 10 kWp. Dann haben wir noch einen Speicher im Haus stehen, auch mit 10 kWh Kapazität. Das reicht im Sommer für uns als vierköpfige Familie. Aber wenn es natürlich wie jetzt im Herbst häufiger bewölkt ist und ich das Auto noch zusätzlich laden will, dann reicht die eigene Stromproduktion nicht mehr aus und wir müssen dazukaufen.

Sie sind bei Vattenfall der Experte für „Smart Living“: Sind Sie mit dem, was Sie privat mit E-Auto und PV-Anlage erreichen, zufrieden oder gibt es noch Optimierungsmöglichkeiten?

Dazu müsste ich mit meiner Frau erst einmal in Verhandlungen treten (lacht). Wir heizen unser Haus seit dem Bau in 2011 mit einer Wärmepumpe – das kann ich auch heute nur jedem empfehlen, der sich Gedanken über seinen CO2-Fußabdruck macht. Die Heizung hat sehr großes Sparpotenzial. Aber ansonsten?

Er grübelt einen Augenblick.  

Wir kaufen noch selbst ein, wenn Sie das meinen (lacht), das macht noch nicht der Kühlschrank von selbst. Und wir steuern die Jalousien vor den Fenstern noch per Knopfdruck und nicht per App. Es muss im Haus nicht immer alles intelligent gesteuert werden, finde ich. Ob Sie es glauben oder nicht: Wir lesen tatsächlich auch noch Bücher – echte Bücher!

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2 Kommentare

  1. jens

    in meinem freundes und kollegen kreis merke ich: je mehr man persöhnlich vom umstieg auf ein elektrische auto profitiert und je weniger man in die kathegorie fällt, das man spürebare nachteile dadurch hat, desto mehr ist man ein fan davon. und da liegt für mich das problem. mit verbrennern, kommen wir alle klar, mit dem umstieg, haben manche vorteile gegenüber ihrem alten verbrenner und manche massive nachteile. aufgezwungen wirds uns aber allen über kurz oder lang. ich zb habe den nachteil, das mir das kapital fehlt mir ein neues auto zu holen, ich lebe in einem wohnblock und habe hier keine wallbox direkt am haus. aufrgund meiner scheidung, besuche ich meine kinder 2 im monat und muss dafür 370 autobahn pro strecke fahren. mit meinem diesel grade kein problem. dann ist da mein chef, verdient gut, seine frau auch, haushaltseinkommen von gut 9000 netto im monat sagte er mal. eigenheim mit pv auf dem dach, 2 e autos für der haustür. er fährt mitlerweile sogar fast kostenlos dank der pv anlage und hat keine weiten strecken und wenn, dann kann er dafür nen firmenwagen nehmen. er liebt seine elektrische mobilität, klar,er kann jetzt auch beinahe kostenlos die km hinter sich bringen, daheim laden und immer vollen akku haben, bekam vom staat 9000 pro fahrzeug geschenkt und muss seinen a8 nicht mehr für 2 euro den liter tanken. und ja ich weiß, irgendwer kommt wieder mit ner neid aussage an.. aber darum gehts nicht. mir gehts darum, dass ich mir mit meinem stand im leben, das wie es bisher war weiter leisten konnte mein chef könnte es eben so. klar wird jetzt einer sagen: das konnte ich mir nur leisten, weil die natur dafür bezahlt hat… das mag stimmen.. aber die mit ausreichend kapitel, können weitermachen wie früher, weil sie sich durch technik rauskaufen können. fairness wenn dann für natur und alle menschen

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  2. Jürgen Baumann

    Jo, das fetzt im Vergleich zum Verbrenner. Erstens zu laut, zweitens zu laut, drittens auch. Erhalten wir die Stille, statt den Lärm zu begrenzen.
    Und die Fahrten zur Tanke fallen auch aus. War das letzte Mal 2019 da … wie sind die Preise da eigentlich? Man / frau hört ja übles.

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