Der Countdown läuft: Nächstes Jahr kommt die große automobile Elektroparty so richtig in Schwung, die neuen Gäste des E-Clubs stehen schon vor der Tür. Fast drei Dutzend komplett neue Vollstromer sind für 2023 in Sichtweite, hinzu kommen mehrere Dutzend neue Varianten oder Überarbeitungen von Elektroautos, die schon länger auf dem Markt sind. Die Plug-in Hybride, die jetzt immerhin mit deutlich größeren E-Reichweiten bewegt werden können, haben wir da noch gar nicht mitgezählt.

Die Trends sind ziemlich eindeutig. Zum einen: Fast alle Hersteller setzen weiterhin auf schwere Elektro-Dickschiffe oder auf geradezu übertriebene Elektropower, um satte Renditen zu erzielen. Klar, der Umbau der Werke auf die Elektromobilität kostet viel Geld. Geld, das irgendwo wieder reinkommen muss. Das bedeutet weiter steigende Preise.

Power-Play der Premium-Anbieter

In das Bild passt da Audis renovierter Luxus-SUV Q8 e-tron mit 250 bis 370 kW Leistung. Die Bayern haben das vor drei Jahren eingeführte Elektroauto kräftig überarbeitet, den Einstiegsmodellen einen kräftigeren Antrieb und allen Varianten Akkus mit größeren Speicherkapazitäten und einer verbesserten Zellchemie verschafft. Die Reichweite steigt so auf über 600 Kilometer. Aber auch der Preis kletterte in die Höhe: Der Einstieg beginnt jetzt beim SUV Q8 50 e-tron bei saftigen 74.400 Euro, was immerhin einem saftigen Aufschlag von 4300 Euro zum Vorgänger entspricht. Den 55er e-tron gibt es ab 85.300 Euro, die betont sportliche S-Version ab 95.800 Euro.

Audi SQ8 e-tron Sportback 
Nach dreijähriger Bauzeit wurde der Luxus-Stromer kräftig überarbeitet, vor allem technisch. Für mehr Reichweite und Fahrspaß.
Audi SQ8 e-tron Sportback
Nach dreijähriger Bauzeit wurde der Luxus-Stromer kräftig überarbeitet, vor allem technisch. Für mehr Reichweite und Fahrspaß.

Bei BMW kommt im kommenden Jahr die Topversion des Flaggschiffs i7 als M70 mit rund 485 kW, was 660 PS entspricht. Das andere Highlights aus München ist sicherlich der i5, die Elektroversion der Fünfer-Baureihe. BMW macht noch ein großes Geheimnis um das Modell, das im Herbst zu den Händlern rollt und das es 2024 möglicherweise auch als Kombi geben wird. Die Rede ist von einer Reichweite jenseits von 600 Kilometern und einer Antriebsleistung um die 400 kW. Die M-Ausführung des nagelneuen i5 könnte so gar bis zu 735 kW (1000 PS) Leistung haben – um dem Tesla Model S Plaid+ (750 kW oder 1020 PS) Paroli bieten zu können, das im neuen Jahr endlich auch nach Europa kommen soll. Zu Preisen ab 137 990 Euro.

Smart mit 272 PS Spitzenleistung

Kia startet mit dem SUV EV9 auch so einen Elefanten auf Rollschuhen. Ganz zu schweigen von dem ersten elektrischen Rolls-Royce namens Spectre, der mit drei Tonnen Lebensgewicht und 430 kW Leistung aufwartet. Oder dem Lotus Eletre, der erste SUV der britischen Sportwagenmarke. Mit E-Antrieb, 450 kW Leistung, 112 kWh-Akku und einer Spitzengeschwindigkeit von 258 km/h

Smart #1 in Brabus-Ausführung
Das wendige Stadtauto hat sich unter chinesischer Regie zu einem Kompakt-SUV gewandelt, mit mehr Platz und Leistung.
Smart #1 in Brabus-Ausführung
Das wendige Stadtauto hat sich unter chinesischer Regie zu einem Kompakt-SUV gewandelt, mit mehr Platz und Leistung.

Selbst ein aerodynamisch gefeilter Hyundai Ionic 6 ballert in der First Edition mit 239 kW Leistung und einem Preis von 66 400 Euro. Und auch den neuen Smart, der mit dem seltsamen Namen #1 aus China daherkommt und vom City-Zwerg zum Elektro-Crossover mutierte, gibt es mit 200 kW (272 PS) Spitzenleistung nicht für weniger als 41 490 Euro.

Kleine, preiswerte Elektroautos bleiben Mangelware

Die Käufer mit schmalerem Budget könnten auch 2023 eine böse Überraschung erleben. Denn erschwingliche Vollstromer im Kleinwagen-Format sind abgesehen von wenigen Ausnahmen wie dem Dacia Spring (ab 22 550 Euro) oder einem Fiat 500 Elektro (ab 30 990 Euro) weiterhin Mangelware. Immerhin hat VW den kleinen e-Up wieder aus der Kiste geholt, der als Sondermodell „Edition“ allerdings inzwischen 29.995 Euro kostet. Und abgesehen vom City-Crossover E.Wave X von Next.e.Go Mobile aus Aachen (ab 24 990 Euro) ist auch noch nicht allzu viel Neues und Erschwingliches in Sicht. Ob es der „Sonnenwagen“ Sono Sion aus München (29 900 Euro) noch bis zur Serienreife schafft, bleibt abzuwarten – dem Startup droht auf der Zielgeraden das Geld auszugehen.

Große Klappe für bequemen Einstieg
Wie einst bei der BMW Isetta öffnet die Tür des Microlino nach vorne. Foto: Micro Mobility Systems
Große Klappe für bequemen Einstieg
Wie einst bei der BMW Isetta öffnet die Tür des Microlino nach vorne. Foto: Micro Mobility Systems

Für Aufsehen im Straßenverkehr wird sicherlich der Microlino sorgen, die elektrische Neuauflage der Knutschkugel Isetta aus den 1950er Jahren. Die Schweizer Micro Mobility Systems AG will den kleinen Zweisitzer mit 10,5 oder 14 kWh großem Akku und einem 15 kW starken Elektromotor im kommenden Jahr endlich auf den deutschen Markt bringen. Zu Preisen zwischen 14 990 und 19 990 Euro – je nach Ausführung. Aber Vorsicht: „It’s not a Car“, schreibt der Hersteller selbst, sondern eher eine Mischung aus Motorroller und Kleinwagen. Der Lebensraum des Microlino ist die Großstadt, wo auf aufgrund seiner knappen Abmessungen fast überall einen Parkplatz findet. Die maximal 45 km/h schnelle Version „Lite“ kann sogar ohne Führerschein bewegt werden. Denn wie der Opel Rocks-E und der Renault Twizy wird der „Lite“ als Elektro-Leichtfahrzeug der Kategorie L7e zugelassen.

Bis zu 700 Kilometer Reichweite

Die kleinen Stromer aus dem Volkswagen-Konzern (VW ID.1 und ID.2, Audi A 2 e-tron und so) zu Preisen um die 25 000 Euro kommen erst 2025 zu uns. „Langfristig brauchen wir dann noch etwas darunter“, weiß VW-Chef Thomas Schäfer. „Sprich ein kleines Elektroauto, das – aus heutiger Sicht – weniger als 20 000 Euro kostet. Daran arbeiten wir bereits, aber das ist angesichts unseres Markenanspruchs keine leichte Aufgabe.“

VW ID.7 
Die Konzeptstudio Aero gab einen schon sehr seriennahen Ausblick auf den Elektro-Passat, der als ID.7 auf den Markt kommt.
VW ID.7
Die Konzeptstudio Aero gab einen schon sehr seriennahen Ausblick auf den Elektro-Passat, der als ID.7 auf den Markt kommt.

Stattdessen offeriert VW Ende Oktober 2023 zunächst die Mittelklasse-Limousine ID.7, die als Studie noch den Namen Aero trug (das Kombi folgt 2024). Dank eines Akkus mit 92 kWh Speicherkapazität und einer aerodynamisch optimierten Karosserie mit einem cW-Wert von nur 0,23 soll der Elektro-Passat aus Emden in der 220 kW starken Topversion bis zu 700 Kilometer ohne Ladestopp stromern können, hören wir aus der VW-Zentrale.

ID.3 ohne Dreitagesbart

Schon früher kommt von VW Nutzfahrzeuge aus Hannover die Langversion des ID. Buzz mit sechs oder sieben Sitzen, die insbesondere für die Kunden in den USA von Bedeutung sein dürfte. Und am Ende des ersten Quartals, also Ende März, erhält der ID.3 ein erstes Facelift. Es soll ein „deutlicher und spürbarer Sprung“ (Schäfer) werden, mit einem hochwertigeren Innenraum und einer vereinfachten Bedienung, aber auch einer prägnanteren Frontgestaltung. Ein zweiter, größerer Schritt soll dann zum Jahresende erfolgen – mit dem ID.3 in der Ausführung 3.0 gewissermaßen. Auch eine Crossover-Version des ID.3 namens X soll in Vorbereitung sein – die Marktnische will man schließlich nicht dem Cupra Tavascan überlassen, der ab Jahresende zumindest bestellbar sein soll.

VW ID.3 
An Statur und Qualität gewinnt der Kompakt-Stromer durch das Facelift, das ab Ende März in Produktion geht. Der "Tränensack" auf der Fronthaube verschwindet dabei ebenso wie der "Dreitagebart" im Stoßfänger vorn. Foto: VW
VW ID.3
An Statur und Qualität gewinnt der Kompakt-Stromer durch das Facelift, das ab Ende März in Produktion geht. Der „Tränensack“ auf der Fronthaube verschwindet dabei ebenso wie der „Dreitagebart“ im Stoßfänger vorn. Foto: VW

Ein größeres Facelift wie beim ID.3 gibt es im nächsten Jahr auch für den Opels Corsa-e. Der Elektro-Kleinwagen erhält gegen Aufpreis einen Antrieb mit mehr Leistung (115 statt 100 kW) und obendrein eine etwas größere Batterie (54 kWh), die seine Reichweite (bisher 353 Kilometer) noch um ein paar Kilometer erhöhen soll. 416 Kilometer ohne Ladestopp und eine Spitzengeschwindigkeit von 170 km/h schafft der neue Astra Electric, den es auch als praktischen Sports Tourer, also als Kombi, gibt. Bestellstart für den Astra Electric ist im Frühjahr 2023, die Preise verrät Opel noch nicht. Auch die AstraSchwestermodelle Peugeot e-308 und DS 4 E-Tense erhalten den neuen Antriebsstrang, angeblich aber mit etwas weniger Drehmoment.

Hyundai Kona die zweite

Und Hyundai will uns im nächsten Herbst nicht nur mit der zweiten Generation des kleinen, ziemlich beliebten SUV-Stromers Kona erfreuen, sondern schon im März mit dem Ioniq 6, dem zweiten Modell auf der E-GMP-Architektur mit 800 Volt Spannung für hohe Ladeleistungen von bis zu 240 kW. Mit Heckantrieb und 77 kWh-Akku soll die Elektro-Limousine bis zu 610 Kilometer weit kommen. Dafür sorgt unter anderem ein Luftwiderstandsbeiwert von 0,21 und ein Stromverbrauch von unter 14 kWh auf 100 Kilometer. Die Preise sind hier bereits bekannt. Sie reichen von 43 900 Euro bis hinauf auf 64 200 Euro für die 239 kW (325 PS) starke Topausführung mit Allradantrieb.

Im futuristischen Design
Der neue Hyundai Kona Elektro ist um 150 auf 4.355 mm Länge gewachsen. Im Vergleich zum Vorgängermodell wuchsen die Breite um 25 mm und der Radstand um 60 mm. Angeboten wird der SUV weiterhin auch als Benziner und mit Hybridantrieb.
Im futuristischen Design
Der neue Hyundai Kona Elektro ist um 150 auf 4.355 mm Länge gewachsen. Im Vergleich zum Vorgängermodell wuchsen die Breite um 25 mm und der Radstand um 60 mm. Angeboten wird der SUV weiterhin auch als Benziner und mit Hybridantrieb.

Mit der 800-Volt-Architektur und den hohen Ladeleistung setzt der südkoreanische Autokonzern mit den Marken Hyundai, Kia und Genesis die europäischen Autohersteller bereits mächtig unter Druck. Möglicherweise noch größere Herausforderer kommen im nächsten Jahr aber aus China. Ja, jetzt wirklich, nachdem die ersten Versuche, in Europa Fuß zu fassen, vor über zehn Jahren noch an Crashtests kläglich gescheitert waren.

Die Chinesen mischen den Markt auf

NIO zum Beispiel rechnet sich da einiges aus. Nach der mit viel Lorbeer überhäuften Luxus-Limousine ET7, die bei AUTO BILD in der Mittel- und Oberklasse gerade das „Goldene Lenkrad 2022“ gewann, kommen 2023 mit dem Mittelklasse-SUV EL7 (Ende Januar) und der 4,79 Meter langen Mittelklasse-Limousine ET5 (April) gleich zwei weitere Modelle nach Deutschland. Angesagt sind bei NIO sogar 150-kWh-Akkus für Reichweiten von bis zu 1000 Kilometern.

Dagegen sieht ein Model 3 alt aus 
Der NIO ET5 kommt im April zu uns, zu Preisen ab 49.900 Euro. Der 75 kWh-Akku kommt extra, für 12.000 Euro im Kauf oder für eine Monatsmiete von 169 Euro. Gegen Aufpreis gibt es auch eine Batterie mit 100 kWh Speicherkapazität.
Dagegen sieht ein Model 3 alt aus
Der NIO ET5 kommt im April zu uns, zu Preisen ab 49.900 Euro. Der 75 kWh-Akku kommt extra, für 12.000 Euro im Kauf oder für eine Monatsmiete von 169 Euro. Gegen Aufpreis gibt es auch eine Batterie mit 100 kWh Speicherkapazität.

Der Clou aber sind hier nicht die Akkus oder besonders hohe Ladeleistungen. Trumpfen wollen die Chinesen mit ihren Power-Swap-Stationen. Leergefahrene Batterien können hier vollautomatisch in nur fünf Minuten gegen frische getauscht werden. Erste Stationen sind in Berlin, in Hilden bei Düsseldorf und auf dem Gelände des Innovationsparks von Sortimo in Zusmarshausen bereits in Betrieb, weitere 120 sollen im kommenden Jahr in Europa in Betrieb genommen werden.

700 Kilometer ohne Ladepause

Und die China-Welle rollt im kommenden Jahr weiter: Erste E-Autos von Aiways und MG Roewe (ZS, Marvel R, MG 4 und MG 5) sind zwar schon zu haben, aber 2023 kommen noch weitere Marken und Modelle hinzu. Aiways beispielsweise platziert nach dem SUV U5 nun das 160 kW starke wie schnittige SUV-Coupe U6, Ora (von der Muttermarke Great Wall) bringt im Januar mit Unterstützung der Emil Frey-Gruppe den niedlichen Funky Cat auf den deutschen Markt. Und der chinesische Elektroriese BYD rollt nach dem SUV Atto 3 sowie nach Han (Fünf-Meter-Limousine) und Tang (SUV) nun auch noch den gegen Teslas Model 3 positionierten Seal auf den Markt. Dazu gesellt sich mit dem Coffee 01 von Wey noch ein Plug-in Hybrid, der immerhin 146 Kilometer elektrische Reichweite offeriert. Nicht zu vergessen der edle Zeekr 001 (von der Muttermarke Geely), ein fast fünf Meter langer Elektro-Crossover, der auffallend dem Porsche Panamera Sport Turismo ähnelt.

Ora Funky Cat 
Der chinesische Hersteller und BMW-Partner Great Wall Motors steckt hinter dem Elektroauto. Die Plattform teilt er mit dem vollelektrischen Mini Cooper der nächsten Generation, die Preise beginnen bei voraussichtlich ab 37.000 Euro. Foto: Ora
Ora Funky Cat in GT-Ausführung
Der chinesische Hersteller und BMW-Partner Great Wall Motors steckt hinter dem Elektroauto. Die Plattform teilt er mit dem vollelektrischen Mini Cooper der nächsten Generation, die Preise beginnen bei voraussichtlich ab 37.000 Euro. Foto: Ora

Aber noch eine vorsichtig bremsende Bemerkung zum Schluss: Freuen Sie sich nicht zu früh auf ihren Traum-Stromer. Weiterhin müssen uns viele Händler vertrösten. Auf die meisten der neuen Elektromodelle dürften wir lange warten, imExtremfall bis zu zwölf Monate. Weil nämlich wichtige Bauteile für E-Autos wie Computerchips weiterhin nur schleppend nach Europa gelangen. Die anhaltenden chinesischen Probleme mit Corona haben den globalen Warenverkehr ganz schön durcheinandergewirbelt. Im VW-Konzern können sie ein Lied davon singen. Die Verzögerungen kann man natürlich auch positiv sehen: So gibt es mehr Zeit für die Vorfreude. Und auch mehr Zeit zum Sparen auf das neue Elektroauto.

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1 Kommentar

  1. Harry

    Das Tesla Model s Plaid wird bereits ausgeliefert in Europa, Fehler im Artikel.
    Warum wirkt der Artikel generell wie eine Lobhudelei auf deutsche Fahrzeuge gespickt mit Tesla-Bashing? „dagegen sieht das Model 3 alt aus“
    Vergessen wir hier ein bisschen, das keiner Tesla das Wasser reichen kann, was FSD Beta und Ladenetz, Effizienz anbelangt…?

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